Nicht China, nicht Ägypten: Das größte Bauwerk, das vom Weltraum aus zu sehen ist, befindet sich in Europa. Wo ist es?

Von der Internationalen Raumstation ISS aus sieht die Erde wie ein Wandteppich aus Farben, Lichtern und Schatten aus. Doch inmitten all dieser Details zieht ein weißer Fleck die Aufmerksamkeit auf sich: strahlend, perfekt abgegrenzt, unmöglich zu verwechseln. Es ist weder eine Stadt noch eine Bergkette. Es ist etwas viel Unerwarteteres: eine riesige Fläche von Gewächshäusern in Südeuropa.

Entgegen der Vorstellung vieler Menschen sind die Pyramiden in Ägypten oder die Chinesische Mauer nicht ohne weiteres mit bloßem Auge aus dem Weltall zu sehen. Diese Auszeichnung gebührt einer viel jüngeren, vollständig landwirtschaftlich genutzten Landschaft, die auf keiner Postkarte zu sehen ist, aber die Provinz Almería grundlegend verändert hat - so sehr, dass selbst die NASA fasziniert ist.

Ein weißer Ozean mitten in der Wüste

In der Provinz Almería, in der Nähe des Mittelmeers und inmitten von trockenem Land, erstreckt sich ein Meer, das alles andere als aquatisch ist. Man nennt es das "Plastikmeer": Zehntausende von Hektar sind mit glänzenden Dächern bedeckt, die das Sonnenlicht wie Spiegel zurückwerfen.

Dieses Netzwerk von Gewächshäusern entstand als praktische Lösung für den Anbau in einer unwirtlichen Umgebung. Was in den 1950er Jahren ein Experiment war, hat sich zu einem Modell für intensive Landwirtschaft entwickelt, das einen Großteil Europas mit Obst und Gemüse versorgt - das ganze Jahr über.

Vom Weltraum aus hebt sich sein weißer Glanz so stark von der umgebenden Landschaft ab, dass er von Satelliten leicht entdeckt werden kann. Selbst Astronauten bezeichnen es als eines der sichtbarsten Zeichen menschlicher Aktivität auf der Erdoberfläche. Und obwohl es paradox klingen mag, produziert dieses Plastikmeer nicht nur Tonnen von Nahrungsmitteln: Es hat auch einen unerwarteten Effekt auf das lokale Klima, indem es eine leichte Abkühlung aufgrund der Sonnenreflexion bewirkt.

Die Gewächshäuser von Almería: Mehr als nur Tomaten und Paprika

In diesem "Plastikmeer" wird nicht nur Gemüse angebaut. Hier werden auch Technologie, Innovation und ein neues Modell der Nachhaltigkeit angebaut, das weltweit Interesse weckt. Durch ein leistungsstarkes Tropfbewässerungssystem, Klimakontrolle und Abfallmanagement hat dieses Gebiet eine der trockensten Regionen Europas in eine echte Agrarmacht verwandelt.

Dieses Produktionsmodell wurde in anderen Teilen der Welt nachgeahmt, aber keine Konzentration kommt an die um El Ejido, Campo de Dalías und die angrenzenden Gebiete heran. Über 40.000 Hektar sind dort mit millimetergenauer Präzision organisiert.

In der Region werden jährlich zwischen 2,5 und 3,5 Millionen Tonnen Lebensmittel produziert. Ein Großteil der Tomaten, Gurken, Zucchini oder Paprika, die man außerhalb der Saison in europäischen Supermärkten kaufen kann, stammt von hier.

Die Gewächshäuser in Almería sind nicht ohne Kritik geblieben, vor allem wegen ihres intensiven Ressourcenverbrauchs und ihrer Umweltauswirkungen. In den letzten Jahren wurden jedoch deutliche Fortschritte auf dem Weg zu einer umweltfreundlicheren Landwirtschaft gemacht, indem nachhaltige Zertifizierungen erlangt und der Einsatz von Chemikalien deutlich reduziert wurden.

Von Almería bis ins Weltall

Die Tatsache, dass dieser Bereich vom Weltraum aus sichtbar ist, ist nicht nur eine Vermutung. Sie wurde von den Astronauten selbst während ihrer Missionen bestätigt und durch Satellitenbilder unterstützt, die von Weltraumbehörden wie der NASA verbreitet wurden.

Es ist nicht so sehr die Fläche, die es von der Erdumlaufbahn aus sichtbar macht, auch wenn es riesig ist, sondern die reflektierende Wirkung seiner weißen Kunststoffdächer. Diese Eigenschaft lässt die Gewächshäuser wie einen großen hellen Fleck hervortreten, wenn man aus mehreren hundert Kilometern Höhe auf die Erde blickt.

Pedro Duque, der spanische Astronaut und ehemalige Minister für Wissenschaft und Innovation, sagte einmal, dass dieses Gebiet aus dem Weltraum betrachtet eines der bemerkenswertesten in Europa sei. Und obwohl andere Bauwerke symbolträchtiger erscheinen, hat keines von ihnen einen so überwältigenden visuellen Effekt. Tatsächlich bieten nicht einmal die großen architektonischen Symbole der Menschheit eine derartige Sichtbarkeit für das bloße Auge aus der Erdumlaufbahn. Denn manchmal ist es nicht das Älteste oder Künstlerischste, was am meisten auffällt, sondern das Funktionalste.