Gefahr durch Kosmetika? Zahlreiche unbekannte Schadstoffe in Parfums, Kosmetik- und Pflegeprodukten entdeckt
Ob Lotionen, Cremes, Gele, Öle oder Stifte – Pflegeprodukte werden mehrmals täglich verwendet und verbleiben meist über viele Stunden auf der Haut. Dennoch enthalten sie oft zahlreiche chemische Inhaltsstoffe, und das wesentlich mehr als bisher angenommen.

Kosmetika und Pflegeprodukte enthalten oft eine ganze Bandbreite chemischer Substanzen wie Farbstoffe, Konservierungsmittel, Tenside, UV-Filter, Weichmacher, Duftstoffe und viele mehr. Über 13.000 verschiedene Chemikalien stehen zur Verfügung, für Duftstoffe allein 3619. Trotz täglichen Duschens können die Stoffe wochenlang auf der Haut verbleiben. Wissenschaftler haben nun etliche Produkte neu untersucht und dabei wesentlich mehr Schadstoffe entdeckt, als bisher bekannt waren.
Forscherinnen der Justus-Liebig-Universität Gießen haben in einer breit angelegten Studienreihe zahlreiche bislang unbekannte Schadstoffe in Kosmetika, Pflegeprodukten und Parfüms nachgewiesen. Mithilfe einer neu entwickelten Analysemethode – ein bildgebendes Sicherheitsscreening – wurden 140 Produkte aus 20 verschiedenen Segmenten sowie über 40 Parfüms neu untersucht, mit teils alarmierenden Ergebnissen. Die Studien wurden unter anderem im Journal of Chromatography A veröffentlicht.
Die untersuchten Substanzen wiesen zelltötende, mutagene (erbgutverändernde), antibakterielle, neurotoxische und hormonell wirksame Eigenschaften auf. Besonders beunruhigend fanden die Wissenschaftlerinnen, dass viele dieser Stoffe bislang gesetzlich nicht erfasst sind und durch gängige Analysemethoden übersehen wurden.

Betroffen sind laut den Gießener Forscherinnen typische Produkte des täglichen Gebrauchs, darunter Lippenstifte, Hautcremes, Wundsalben und Brustwarzensalben, die beim Stillen verwendet werden. Aufgrund ihrer Anwendung auf empfindlichen Hautpartien oder verletzter Haut besteht das Risiko, dass die Schadstoffe direkt in den Blutkreislauf gelangen. Auch über Abwasser könnten sie in die Umwelt geraten und dort langfristige Schäden verursachen.
Oft keine Entgiftung möglich
Bei der neuen Methode werden einerseits die Stoffe umfassend getrennt und andererseits die bioanalytischen Effekte erfasst. Auf diese Weise lassen sich Schadstoffe auch dann ermitteln, wenn ihre chemische Struktur unbekannt ist. Die gefährlichen Substanzen können sowohl aus den eigentlichen Inhaltsstoffen stammen als auch aus Verunreinigungen, Kontaminanten oder Abbauprodukten, die bei der Produktion entstehen.
– Prof. Dr. Gertrud Morlock, Professorin für Lebensmittelwissenschaften an der JLU
Besonders kritisch fanden die Wissenschaftlerinnen, dass sich die Stoffe aller Wahrscheinlichkeit nach nicht entgiften ließen. Eine simulierte Leberverstoffwechselung deutete darauf hin, dass viele der Schadstoffe dauerhaft im Körper verbleiben könnten, mit ungewissen Folgen für die Gesundheit.

Ein besonderer Forschungsschwerpunkt lag auf komplexen Stoffgruppen wie Mineralölen, die Substanzen mit sehr unterschiedlicher Toxizität enthalten. Die Forscherinnen zeigen, dass bisherige Methoden oft entweder zu allgemein oder zu eng gefasst waren: Entweder werden ganze Stoffgruppen pauschal erfasst oder problematische Einzelsubstanzen übersehen. Die neue Methode verspricht hier, deutlich präziser zu sein.
Zudem lässt sich die neue Analytik kostengünstig und einfach in bestehende Prüfprozesse integrieren. Zusätzlich soll ein Open-Source-System Herstellern und Überwachungsbehörden künftig dabei helfen, Schadstoffe leichter zu erkennen und zu reduzieren.
Angesichts der großen Zahl betroffener Produkte fordern die Forscherinnen rasches Handeln. Als Lösung schlagen sie ein Minimierungskonzept vor, das Schadstoffe schrittweise reduziert. Ein solcher Ansatz könnte sowohl die Sicherheit kosmetischer Produkte erhöhen als auch das Vertrauen in die Branche stärken.
Quellenhinweis:
Morlock, G. E., & Zoller, L., (2025): Fast unmasking toxicity of safe personal care products, J. Chromatogr. A, 1752, 465886.
Morlock, G. E., & Heil, J. (2025): Fast unmasking hazards of safe perfumes, J. Chromatogr. A, 1754, 465959.