Jahrhundertealtes Rätsel der Sonnenforschung gelöst: Warum sind manche Sonnenflecken wochenlang zu sehen?
Warum bleiben Sonnenflecken auf der dynamischen Sonnenoberfläche über Tage, Wochen und Monate bestehen? Dieses Rätsel hatte bereits Galileo Galilei beschäftigt. Freiburger Astronomen haben es nun mithilfe hochmoderner Satellitentechnik und mit speziell entwickelten Simulationen gelöst.

Sonnenflecken entstehen durch die Magnetfelder der Sonne. Bis sie sich wieder auflösen, sind die dunklen Male oft tage- und wochenlang, manchmal sogar monatelang zu sehen. Wie sie auf der bewegten Sonnenoberfläche überdauern können, war lange unklar.
Nun haben Forscher des Leibniz-Instituts für Sonnenphysik (KIS) in Freiburg herausgefunden, warum Sonnenflecken so lange bestehen können. Die Studie, die in der Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics erschienen ist, weist erstmals stabile magnetische Verhältnisse in Sonnenflecken nach.

Verwendet wurden das deutsche Sonnenteleskop GREGOR auf Teneriffa sowie der japanische Satellit Hinode. Dabei konnten die Forschenden des KIS eine Beobachtungstechnik des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung in Göttingen so verbessern, dass sich der Einfluss der Erdatmosphäre auf die Beobachtungsdaten (Temperatur und Magnetfeld) herausrechnen ließ. Dadurch konnte die Qualität der Messungen gewährleistet werden.
Ein weiterer Durchbruch gelang mit einem leistungsfähigen Simulationsprogramm, das von Dr. Juan Manuel Borrero vom KIS entwickelt wurde. Die Software analysiert das polarisierte Licht, das von der Sonnenoberfläche ausgeht, und kann somit auf die physikalischen Kräfteverhältnisse im Inneren der Sonnenflecken schließen.

Ergebnis war, dass das Magnetfeld in Sonnenflecken durch Druckkräfte ausbalanciert wird. Das Gleichgewicht verhindert, dass die Strukturen sofort kollabieren oder sich auflösen, was erstmals erklärt, warum Sonnenflecken so lange stabil bleiben können.
400 Jahre altes Rätsel
Die ersten systematischen Beobachtungen von Sonnenflecken reichen bis ins frühe 17. Jahrhundert zurück, als Galileo Galilei mithilfe des neu erfundenen Fernrohrs begann, die auffälligen Strukturen zu dokumentieren.
Im 20. Jahrhundert zeigten dann spektroskopische und polarisationsbasierte Messungen, dass es sich bei Sonnenflecken um Regionen mit starken Magnetfeldern handelt. Die Felder erreichen Stärken, wie man sie aus MRT-Geräten in der medizinischen Diagnostik kennt, nur dass sie auf Flächen wirken, die größer als die gesamte Erde sind.
Trotz der langen Forschungstradition war lange nicht klar, wie Sonnenflecken einige Zeit bestehen bleiben können. Bereits in den 1970er Jahren wurde die Vermutung geäußert, dass in ihrem Inneren ein Gleichgewicht zwischen dem inneren Gasdruck und den magnetischen Kräften besteht. Doch bis heute scheiterte der Nachweis daran, genaue und störungsfreie Magnetfeldmessungen von der Erde aus durchzuführen.

Künftig könnte das bessere Verständnis von Sonnenflecken Anwendungen für die Weltraumwetterprognose möglich machen. Denn sobald sich das Gleichgewicht der Sonnenflecken auflöst, steigt die Wahrscheinlichkeit für explosive Ereignisse auf der Sonne – zum Beispiel koronale Masseauswürfe –, die sich katastrophal auf die technische Infrastruktur der Erde auswirken könnten. Eine bessere Vorhersage könnte dabei helfen, Satellitenausfälle und -störungen zu vermeiden.
– Dr. Juan Manuel Borrero vom KIS
Was einst ein Rätsel der frühen Teleskopastronomie war, ist nun zu einem Schlüssel für das Verstehen der Vorgänge auf der Sonne geworden – und vielleicht für den Schutz der modernen Technik vor den Kräften der Sonne.
Quellenhinweis:
Borrero, J. M., Pastor Yabar, A., Schmassmann, M., Rempel, M., van Noort, M., & Collados, M. (2025): The role of the Lorentz force in sunspot equilibrium. Astronomy & Astrophysics, 699, A149.