Bestimmen Gene, was wir riechen? Forscher entdecken genetischen Zusammenhang von Geruchssinn, Geschlecht und Krankheiten

Geruchsstörungen können die Lebensqualität stark beeinträchtigen und weisen zudem auf Erkrankungen hin. Dennoch ist der Geruchssinn bisher nur wenig erforscht. Darum haben Forscher nun in einer umfassenden Studie untersucht, wie unsere Geruchswahrnehmungen von den Genen bestimmt werden.

In der Studie wurden folgende Gerüche analysiert: Orange, Schuhleder, Zimt, Pfefferminz, Banane, Zitrone, Lakritz, Kaffee, Gewürznelke, Ananas, Rose und Fisch.
In der Studie wurden folgende Gerüche analysiert: Orange, Schuhleder, Zimt, Pfefferminz, Banane, Zitrone, Lakritz, Kaffee, Gewürznelke, Ananas, Rose und Fisch. Bild: Colourbox
Lisa Seyde
Lisa Seyde Meteored Deutschland 4 min

Wie gut Menschen bestimmte Gerüche wahrnehmen, hängt nicht nur vom persönlichen Geschmack oder dem Alter ab – auch die Gene spielen eine entscheidende Rolle. Das haben Forscher in der bisher größten genetischen Untersuchung zum menschlichen Geruchssinn nun herausgefunden.

Mit dem Geruchssinn (olfaktorischer Sinn) können flüchtige chemische Substanzen in der Luft über Rezeptoren in der Riechschleimhaut der Nase festgestellt werden. Die Reize werden neuronal verarbeitet und im Gehirn verarbeitet.

Ein internationales Forschungsteam unter Leitung des Instituts für Medizinische Informatik, Statistik und Epidemiologie (IMISE) der Universität Leipzig analysierte die Erbanlagen von über 21.000 Menschen europäischer Herkunft.

Geruchsprofil für zwölf Gerüche, beide Geschlechter
Geruchsprofil für zwölf Gerüche, beide Geschlechter. Bild: Förster et al., 2025

Die Datengrundlage stammt unter anderem aus der Leipziger LIFE-Adult-Studie. Teilnehmende mussten darin zwölf Alltagsgerüche erkennen. Anschließend wurden ihre Antworten mit ihren genetischen Informationen verglichen.

Bessere Nase bei Frauen?

Die Ursachen für Geruchsstörungen können vorübergehend sein, wie etwa Erkrankungen der Nasennebenhöhlen und Infektionen der oberen Atemwege, oder aber dauerhaft wie Hirnverletzungen oder neurodegenerative Erkrankungen.

„Wir haben zehn genetische Regionen gefunden, die mit der Fähigkeit, bestimmte Gerüche zu erkennen, zusammenhängen – sieben davon wurden erstmals entdeckt. Drei dieser Regionen zeigen zudem geschlechtsspezifische Effekte, sie wirken also bei Männern und Frauen unterschiedlich.“

– Prof. Dr. Markus Scholz, Studienleiter am IMISE der Universität Leipzig.

Die geschlechtsspezifischen Unterschiede bestehen darin, dass Frauen beispielsweise Gerüche besser erkennen und schon bei niedrigeren Konzentrationen wahrnehmen. Warum das so ist, könnte verschiedene Gründe haben, etwa kulturelle, weil Frauen historisch mit Küchenaromen enger vertraut sind, oder biologische, weil die Geruchssensitivität hormonell bedingt schwanken kann.

Geruchsprofile für Frauen und Männer (Auszug)
Geruchsprofile für Frauen und Männer (Auszug). Bild: Förster et al., 2025

Solche Unterschiede könnten erklären, warum Frauen während ihres Zyklus oder in der Schwangerschaft Gerüche intensiver oder anders wahrnehmen. Künftig könnten damit medizinische Diagnosen an das Geschlecht angepasst werden.

Zusammenhang mit Alzheimer und Parkinson

Ein weiterer bemerkenswerter Befund betrifft neurodegenerative Erkrankungen. „Es gibt einen Zusammenhang zwischen dem Risiko für die Alzheimer-Krankheit und der Fähigkeit, Gerüche zu erkennen“, erklärt Franz Förster, Erstautor der Studie und Nachwuchswissenschaftler an der Medizinischen Fakultät Leipzig.

Das verstärkt Hinweise darauf, dass der Geruchssinn, Geschlechtshormone und neurodegenerative Erkrankungen verknüpft sind.

Bei Alzheimer und Parkinson kommen Geruchsstörungen sogar bei über 80 % der Betroffenen vor. Ein Geruchsverlust geht bei Parkinson den motorischen Symptomen lange Zeit voraus, weshalb er als mögliches Frühwarnzeichen diskutiert wird.

Kein Gen für das Riechen

Die Analyse zeigte zudem, dass es kein zentrales Riech-Gen gibt. Die genetischen Einflüsse betreffen jeweils einzelne Gerüche – wie Kaffee, Banane oder Zimt –, die mit sogenannten Riechstiften getestet wurden.

Weitere Erkenntnisse verspricht eine laufende Erhebung der deutschlandweiten NAKO-Gesundheitsstudie mit rund 200.000 Teilnehmenden. Auch hier ist die Universität Leipzig maßgeblich beteiligt. Die Forschenden hoffen, bald noch genauere Aussagen über geschlechtsspezifische und genetische Unterschiede beim Riechen treffen zu können.

Quellenhinweis:

Förster, F., Emmert, D., Horn, K., et al. (2025): Genome-wide association meta-analysis of human olfactory identification discovers sex-specific and sex-differential genetic variants. Nature Communications, 16, 5434.