Gesundheitsschäden durch Plastik: Sind Lebensmittel und Getränke am meisten belastet?
Ein neuer internationaler Bericht zeigt, dass Plastik zunehmend die menschliche Gesundheit gefährdet. Demnach sind Kunststoffe, die mit Lebensmitteln und Getränken in Kontakt kommen, eine der Hauptquellen für schädliche Chemikalien im Körper.

Schätzungsweise acht Milliarden Tonnen Kunststoffabfälle haben sich mittlerweile auf dem Planeten angesammelt. Dennoch nimmt die Plastikproduktion kontinuierlich zu – von zwei Megatonnen (Mt) im Jahr 1950, auf 475 Mt im Jahr 2022 und voraussichtlich 1200 Megatonnen im Jahr 2060.
Abgesehen von den ökologischen Folgen, gefährdet Plastikmüll auch zunehmend die menschliche Gesundheit. Zu diesem Ergebnis kommt eine internationale Forschungskooperation, die am 4. August 2025 in Genf den ersten Lancet Countdown on Health and Plastics vorgestellt hat. Der neue Countdown soll künftig jene Gefahren überwachen, die von Kunststoffen für die menschliche Gesundheit ausgehen.
Lange Geschichte von Krankheitsfällen
Dabei wurde vor den Folgen der Kunststoffproduktion bereits früh gewarnt. Und schon in den 1960er- und 1970er-Jahren zeigten sich die Auswirkungen der Verschmutzung im Meer: Verdauungstrakte von Seevögeln waren verstopft, Meeresschildkröten und Meeressäuger verhedderten sich oder starben.
In den 1970er-Jahren erkannte man dann, dass Kunststoff auch für den Menschen gefährlich ist, als in der PVC-Produktion in Kentucky, USA, erste Arbeiter an Krebs erkrankten. Weitere Gesundheitsschäden waren Verletzungen, Krankheiten und Todesfälle von Personen, die für die Kunststoffherstellung in den Bereichen Fracking, Ölförderung und Kohleabbau arbeiteten.
Aktuelle Studien weisen inzwischen zahlreiche gängige Kunststoffchemikalien im Körper fast aller untersuchten Personen nach, darunter Neugeborene und Schwangere. Mikro- und Nanoplastikpartikel werden zunehmend in menschlichen Proben festgestellt, etwa in Blut, Muttermilch, Leber, Niere, Dickdarm, Plazenta, Lunge, Milz, Gehirn und Herz, und das sogar weltweit.
Lebensmittel als eine der Hauptquellen
Kunststoffe können entweder über Atemwege, Verdauung oder Hautkontakt in den menschlichen Körper gelangen. Insgesamt seien aber Materialien, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen, eine der zentralen Quellen für die Aufnahme von Kunststoffchemikalien, heißt es im Bericht. Analysen zeigen, dass 1481 (40 %) von 3696 untersuchten Chemikalien unter bestimmten Bedingungen in Lebensmittel übergehen.
Der Übergang von Kunststoffchemikalien in Lebensmittel nimmt bei höheren Temperaturen und längerer Kontaktzeit zu. Auch Fett- und Säuregehalt des Lebensmittels beeinflussen, wie viele Schadstoffe freigesetzt werden. Mit kleineren Portionen steigt zudem das Verhältnis von Verpackungsoberfläche zur Nahrung, was „besonders bedenklich bei Produkten für Säuglinge und Kinder“ ist, so der Bericht.

Die Kunststoffbelastung ist mit zahlreichen weiteren gesundheitlichen Risiken verbunden, etwa Atemwegserkrankungen, hormonellen Störungen oder neurologischen Erkrankungen bei Kindern. Bereits jetzt führen entsprechende Krankheiten zu gesundheitsbedingten wirtschaftlichen Verlusten von über 1,5 Billionen US-Dollar jährlich.
Zugleich kritisieren die Autorinnen und Autoren, dass rund 75 Prozent aller in Kunststoffen enthaltenen Chemikalien nie auf ihre gesundheitliche Unbedenklichkeit überprüft wurden. Das sei „ein Weckruf für Politik und Wissenschaft“, sagt Epidemiologe und Statistiker, Universität Heidelberg und Co-Vorsitzender des neuen Lancet Countdowns. Es sei dringend notwendig, mehr unabhängige Daten zu erheben.
So wird das Plastikproblem bekämpft
Als Reaktion darauf ergreifen Regierungen bereits Maßnahmen, die sich allerdings meist nur gegen bestimmte Produkte, Verwendungen oder Schadstoffe richten, wie zum Beispiel:
- einzelne Einwegkunststoffe verbieten,
- schädliche Chemikalien in Kunststoffen einschränken,
- Reduktionsziele für Kunststoffverpackungen festlegen,
- Mehrweg-Lösungen fördern,
- Mikroplastik im Trinkwasser überwachen.

Der neue Lancet Countdown on Health and Plastics orientiert sich am bekannten Lancet Countdown on Health and Climate Change, einem etablierten Netzwerk von rund 300 Forschenden weltweit. Die neue Initiative soll sich vier zentralen Themengebieten widmen: der Produktion von Kunststoffen, der Exposition gegenüber Kunststoffbestandteilen, den gesundheitlichen Folgen sowie den bisher ergriffenen oder geplanten Gegenmaßnahmen. Künftig sollen regelmäßig Kennzahlen erhoben und die Entwicklungen transparent gemacht werden.
– Dr. Marina Treskova, Ökoepidemiologin an der Universität Heidelberg und Co-Leiterin der Arbeitsgruppe für gesundheitliche Auswirkungen im Countdown
Der Zeitpunkt für die Vorstellung des neuen Countdowns ist bewusst gewählt: Noch bis zum 14. August 2025 tagen in Genf Vertreterinnen und Vertreter der Vereinten Nationen, um über ein globales Abkommen gegen Plastikverschmutzung, das Global Plastics Treaty, zu verhandeln. Mit ihrem Bericht wollen die Forscherinnen und Forscher die politischen Prozesse mit wissenschaftlich fundierten Informationen unterstützen.
Quellenhinweis:
Landrigan, P. J., Dunlop, S., Treskova, M., Raps, H., Symeonides, C., Muncke, J., Rocklöv, J., et al. (2025): The Lancet Countdown on health and plastics. The Lancet.