Junge Generation im Stimmungstief – Wie das Smartphone-Zeitalter die „Kurve der Lebenszufriedenheit“ zerstört

Über Jahrzehnte galt sie als eine der stabilsten Erkenntnisse der Sozialforschung: die sogenannte U-Kurve des Lebensglücks. Junge Menschen starten mit vergleichsweise hohem Wohlbefinden ins Erwachsenenleben, erleben ab Mitte 40 ein Tief – und gewinnen im Alter wieder an Zufriedenheit. Diese Lebensformel schien universell zu gelten – bis jetzt.

Happiness U-Shape, Wohlbefinden, Lebensabschnitt
Die klassische ‚Happiness U-Shape‘ zeigt, dass das Wohlbefinden im jungen und hohen Alter höher ist und im mittleren Lebensabschnitt ein Tief erreicht

Eine neue, umfassende Studie, veröffentlicht in der Fachzeitschrift PLOS ONE, räumt nun mit diesem Bild auf. Die Daten aus 44 Ländern, darunter die USA, Großbritannien, Deutschland und Spanien, zeigen: Die „U-Kurve“ ist verschwunden.

Stattdessen nimmt das psychische Wohlbefinden der Menschen heute linear mit dem Alter zu – mit anderen Worten: Je älter, desto glücklicher.

Mentale Krise unter Jugendlichen – schon vor der Pandemie

Am stärksten betroffen vom Wandel ist die junge Generation. In Ländern wie den USA und dem Vereinigten Königreich ist das mentale Wohlbefinden bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen 10 und 30 Jahren deutlich gesunken – und zwar schon vor der Corona-Pandemie.

Diese habe lediglich bestehende Trends verstärkt, nicht ausgelöst. Die neue Realität: Junge Menschen empfinden heute mehr psychisches Leid als ältere – ein historischer Umbruch.

Die Ursachen: Wirtschaft, Versorgung – und digitale Medien

Die Gründe sind vielschichtig. Ökonomische Unsicherheit, ein schwieriger Zugang zum Arbeits- und Wohnungsmarkt sowie chronisch unterfinanzierte psychische Gesundheitsversorgung zählen zu den Faktoren. Besonders im Fokus der Studie steht aber ein Element: das Smartphone und soziale Medien.

Belegt: Smartphones verschlechtern das Wohlbefinden

Forscher sehen zunehmend einen direkten Zusammenhang zwischen der Nutzung digitaler Technologien und der Verschlechterung der psychischen Gesundheit junger Menschen.

In sogenannten „natürlichen Experimenten“ – etwa durch Vergleich von Regionen mit und ohne flächendeckendes Breitbandinternet – zeigten sich kausale Effekte:

Je stärker der Zugang zu sozialen Medien, desto größer der Anstieg an Depressionen, Angstzuständen und Suizidgedanken – insbesondere bei jungen Frauen.

Digitale Vergleiche machen unzufrieden

Die permanente digitale Vergleichbarkeit, der soziale Druck durch idealisierte Online-Profile, die ständige Reizüberflutung: All das lässt viele junge Menschen ihr eigenes Leben als unzulänglich empfinden.

Selbst die WHO warnt inzwischen vor den Auswirkungen digitaler Medien auf die mentale Gesundheit Jugendlicher.

Jugendliche, mentale Belastung, Unsicherheiten,Arbeitsmarkt, Wohnungsmangel, Einfluss. sozialer Medien
Jugendliche kämpfen mit mentaler Belastung durch Unsicherheiten am Arbeitsmarkt, Wohnungsmangel und den Einfluss sozialer Medien.

Was jetzt zu tun ist

Was tun? Die Studienautor*innen fordern ein gesellschaftliches Umdenken. Dazu gehört ein besserer Zugang zu psychischer Gesundheitsversorgung, vor allem für junge Menschen. Ebenso wichtig sei eine kritische Auseinandersetzung mit der Rolle von Smartphones im Alltag.

Erste Studien zeigen: Bereits eine Reduzierung der Bildschirmzeit kann zu messbaren Verbesserungen des Wohlbefindens führen.

Fazit: Eine Generation braucht neue Antworten

Ein Aufruf zur digitalen Entgiftung also? Vielleicht. Klar ist jedenfalls: Die Generation, die mit dem Smartphone aufgewachsen ist, steht vor einer Herausforderung, die früheren Generationen fremd war – und braucht dafür neue Antworten.

Quelle

David G. Blanchflower & Alex Bryson (2025). The age U-shape in well-being is flattened: New evidence from 44 countries, PLOS ONE.