ALMA-Teleskop: Neue Bilder zeigen, dass Planeten fast gleichzeitig mit Sternen entstehen
Was ist die größere Sensation? Die Entdeckung selbst oder die verwendete Technik? Dank einer innovativen Technik hat eine Studie Spuren von Planeten entdeckt, die bereits vorhanden waren, als sich die Sterne noch bildeten.

Lassen Sie uns über einen interessanten wissenschaftlichen Fall sprechen. Das ALMA-Teleskop der Europäischen Südsternwarte (ESO) hat die Scheiben um junge Sterne beobachtet. Die dabei gewonnenen Bilder zeigten Spuren von Planetengeburten, aber wir waren noch nicht in der Lage, diese wertvollen Informationen zu extrahieren.
Die Geburt der Exoplaneten
Die Entstehung eines Planeten ist das Ergebnis eines langen Prozesses, der für Hunderttausende von Jahren unsichtbar bleibt. Einerseits findet dieser Prozess innerhalb einer dichten (protoplanetaren) Scheibe aus Staub und Gas statt, die ihn verborgen hält.
Andererseits sind Größe und Helligkeit des sich bildenden Planeten so gering, dass sie von der enorm großen Helligkeit des sich ebenfalls noch bildenden Wirtssterns überstrahlt werden.
Erst nach Hunderten oder gar Millionen von Jahren wird der Planet schließlich sichtbar und tritt aus der Staub- und Gashülle der protoplanetaren Scheibe hervor. Zu diesem Zeitpunkt ist die Scheibe bereits deutlich dünner geworden, zum einen, weil Material auf den Stern gefallen ist, zum anderen, weil es sich im interstellaren Raum verteilt hat.
Doch selbst in den frühesten Stadien seiner Entstehung erzeugt der Planet - obwohl er unsichtbar ist - Spuren, die seine Anwesenheit unmissverständlich verraten. Diese "Fußspuren" sind so groß, dass sie beobachtet werden können, lange bevor der Planet selbst sichtbar wird.
Abdrücke in protoplanetaren Scheiben
Seit einiger Zeit, als die Teleskope hohe Auflösungen erreichten, wurde beobachtet, dass es in den Scheiben um sehr junge Sterne verschiedene Arten von Strukturen gibt.
Die höchsten räumlichen Auflösungen mit bodengebundenen Teleskopen wurden mit Arrays von Radioantennen erreicht, die eine spezielle Technik namens Interferometrie verwenden.
Bei der detaillierten Beobachtung der protoplanetaren Scheiben (die Staub- und Gasscheiben, die neugeborene Sterne umgeben und umkreisen) sehen wir Heterogenitäten wie Spiralarme, falsch ausgerichtete Ringe, Lücken (konzentrische Regionen ohne oder mit wenig Gas und Staub) und mehr.

Mithilfe numerischer Simulationen haben Astronomen entdeckt, dass all diese Heterogenitäten- die erwähnten Wirbel - durch die Anwesenheit von Planeten und deren Gravitationseinfluss erklärt werden können.
Wenn ein Planet seinen Stern umkreist (normalerweise in einer Ellipse), fängt er Gas und Staub entlang seiner Bahn ein oder stößt sie ab. Dabei schneidet er buchstäblich eine Rille oder, wie es oft genannt wird, eine "Lücke" in die Scheibe - eine fast makroskopische Struktur, die mit Teleskopen deutlich sichtbar ist.
Alternativ kann die Anwesenheit mehrerer sich bildender Planeten eine Umverteilung von Staub und Gas in mehrere Ringe bewir ken, die je nach Umlaufbahn und Größe der Planeten mehr oder weniger falsch ausgerichtet und somit sichtbar sind.
Die Gültigkeit dieser Hypothese- dass Planeten diese Wirbel verursachen - wurde mehrfach bestätigt, indem Planeten genau dort entdeckt wurden, wo die Simulationen sie vorausgesagt hatten.
Die jüngste "posthume" Super-Resolution-Entdeckung
Was wir jetzt vorstellen, ist aus zwei Gründen wirklich interessant. Ein Forscherteam veröffentlichte die Ergebnisse einer Studie über protoplanetare Scheiben in der Fachzeitschrift Publications of the Astronomical Society of Japan unter der Leitung von Ayumu Shoshi von der Abteilung für Erd- und Planetenwissenschaften der Universität Kyushu (Japan).

Bei der Beobachtung einer Stichprobe sehr junger Sterne in der Sternentstehungsregion des Sternbilds Ophiuchus ("der Schlangenträger") konnten sie feststellen, dass die Anzeichen für die Bildung von Planeten bereits in den Scheiben um Sterne, die jünger als eine Million Jahre sind, auftreten.
Dies deutet darauf hin, dass die Geburt von Sternen und ihren Planetensystemen fast gleichzeitig erfolgt, im Gegensatz zu früheren Annahmen, dass die Planetenbildung in einem späteren Stadium stattfindet.
Die Geburt von Sternen und den sie begleitenden Planeten erfolgt fast gleichzeitig.
Der andere Aspekt, der aufgrund der enormen Möglichkeiten, die er bietet, vielleicht noch spannender ist, betrifft die Art und Weise, wie diese Ergebnisse erzielt wurden. Außergewöhnlich (zumindest für Astronomen) ist, dass das Team von Shoshi keine neuen Beobachtungen durchgeführt hat.
Stattdessen wählte es Archivbilder aus, die in den letzten Jahren mit dem ALMA-Teleskop aufgenommen worden waren, und wandte eine neue Verkleinerungs- und Analysetechnik an, die als "Super-Resolution Imaging" bezeichnet wird. Aus den ursprünglichen ALMA-Bildern erstellten sie neue Bilder mit ultrahoher Auflösung.
Auf diesen neu bearbeiteten Bildern, auf denen zuvor nur die Scheiben zu sehen waren, kann man nun viele Strukturen erkennen - genau die Wirbel, die immer da waren, aber völlig verborgen blieben.
Nachdem die Wirksamkeit dieser Super-Resolution-Technik bestätigt wurde, plant das Forscherteam, sie auf andere Archivbilder anzuwenden, um weitere wertvolle Informationen freizulegen, die auf ihre Entdeckung warten.
Quellenhinweis
ALMA 2D super‑resolution imaging survey of Ophiuchus Class I/flat spectrum/II disks. I. Discovery of new disk substructures. April 22, 2025. Shoshi et al.