Polarwirbel-Kollaps? Wie ein geheimes Wetterphänomen Europa bald in einen eiskalten Mega-Winter stürzen könnte

Ein kaum sichtbares Phänomen hoch oben in der Atmosphäre entscheidet, ob wir frieren oder schwitzen – und es zeigt bedrohliche Anzeichen der Instabilität.

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Wie schneereich könnte der kommende Winter 2025/26 in Europa und Deutschland ausfallen?
Leon Beurer
Leon Beurer Meteored Deutschland 5 min

Der sogenannte Polarwirbel ist ein mächtiges Strömungssystem in etwa 30 Kilometern Höhe, das sich im Winter über der Arktis bildet. Dieser kreisförmige Windstrom umschließt kalte arktische Luftmassen und hält sie normalerweise vom europäischen Festland fern. Solange der Wirbel stabil bleibt, sorgen seine Winde dafür, dass die Kälte „eingesperrt“ bleibt – weit nördlich von uns. Doch sobald der Wirbel instabil wird oder gar zusammenbricht, kommt es zur Umverteilung dieser eisigen Luftmassen. Genau dann können extreme Kältewellen und monatelange Winterperioden in Europa auftreten – selbst in Zeiten des Klimawandels.

Der Kollaps – wie eine plötzliche Erwärmung den Polarwirbel aus dem Gleichgewicht bringt

Ein „Sudden Stratospheric Warming“ (SSW) ist eine dramatische Erwärmung der oberen Atmosphäre über der Arktis. Innerhalb weniger Tage steigen dort die Temperaturen um 30 bis 50 Grad – eine abrupte Umkehr, die weitreichende Folgen hat. Diese Erwärmung stört den Polarwirbel und kann ihn entweder spalten, verlagern oder komplett zum Erliegen bringen. In der Folge strömen die kalten Luftmassen nicht mehr geordnet nach Osten, sondern driften unkontrolliert nach Süden – mitteleuropäische Regionen wie Deutschland oder Frankreich sind dann plötzlich im Griff sibirischer Kälte. Diese Ereignisse lassen sich zwar zunehmend besser beobachten, sind aber noch immer schwer vorhersagbar.

Beispiele aus der Vergangenheit: Wenn der Winter außer Kontrolle gerät

Historisch gesehen gab es mehrere Winter, in denen ein instabiler Polarwirbel das Wettergeschehen auf den Kopf stellte. Der Winter 2009/2010 gilt als Paradebeispiel: Europa erlebte eine beispiellose Kälteperiode, mit Schneemassen, Dauerfrost und chaotischen Verkehrsbedingungen über Wochen hinweg. Auch der Februar 2018 brachte mit dem „Beast from the East“ bittere Kälte und eisige Ostwinde bis tief nach Westeuropa.

Der Polarwirbel ist ein starker, zirkumpolarer Luftstrom in der Stratosphäre über der Arktis. Er umkreist den Nordpol und hält kalte Luftmassen zusammen. Wird er gestört oder bricht zusammen, kann eisige Luft nach Süden strömen – mit drastischen Auswirkungen auf das Winterwetter in Europa und Nordamerika.


Diese Wetterlagen sind also kein Mythos – sie sind real und messbar. Doch nicht jeder SSW führt automatisch zu einem Kälteausbruch. Entscheidend ist, wohin sich die arktische Kaltluft bewegt – was wiederum von vielen Faktoren wie Druckverhältnissen, Windmustern und sogar der Schneebedeckung in Asien abhängt.

Klimawandel und Polarwirbel – wird der Superwinter wahrscheinlicher?

Paradoxerweise könnte der Klimawandel das Risiko für Polarwirbelstörungen sogar erhöhen. Die Arktis erwärmt sich schneller als andere Regionen, was die Temperaturunterschiede zwischen Norden und Süden abschwächt – und genau diese Unterschiede halten den Polarwirbel am Leben. Gleichzeitig gibt es Hinweise, dass mehr Herbstschnee in Sibirien oder Veränderungen der Meeresströmungen den Jetstream und damit auch den Polarwirbel stören könnten. Noch sind diese Zusammenhänge nicht eindeutig bewiesen, aber viele Klimamodelle deuten auf eine Zunahme extremer Winterlagen in den kommenden Jahrzehnten hin. Ob uns also ein neuer Jahrhundertwinter bevorsteht, bleibt offen – aber die Zeichen am Himmel sollte man nicht ignorieren.

Was uns diesen Winter erwartet – und warum Meteorologen jetzt ganz genau hinsehen

Die kritische Phase für einen möglichen Polarwirbel-Kollaps beginnt meist im Januar. Schon jetzt beobachten Meteorologen auffällige Strömungsmuster und Temperaturveränderungen in der Stratosphäre. Ob es zu einem SSW kommt und wie stark dieser ausfällt, entscheidet über mildes Schmuddelwetter oder eiskalte Blockadelagen mit Schnee und Frost. Neueste Klimamodelle zeigen auffällige Schwankungen im zonalen Wind über der Arktis – ein mögliches Frühwarnzeichen. Klar ist: Wer sich auf einen gemütlichen, grünen Winter verlässt, könnte in ein paar Wochen eiskalt überrascht werden.