Weder Donald Trump noch Katharina Reiche können die Dekarbonisierung aufhalten

Die US-Regierung und die aktuelle Bundesregierung haben eine gemeinsame Agenda: „Klima“-Technologien mit regenerativer Energie sind out. In den USA wird das sehr deutlich formuliert. In Deutschland entdeckt man die neue RIchtung hinter 10 Eckpunkten.

Neuausrichtung der deutschen Energiepolitk blendet den Klimawandel aus

In einer Pressekonferenz vom 15.9. stellte die Bundeswirtschaftsministerin Katharina Reiche ihre Pläne für eine Neuausrichtung der deutschen Energiepolitik vor.

Der Weg aus der fossilen Energie müsse sparsamer und effizienter gestaltet werden, sagte Reiche in Berlin. Das Energiesystem müsse so ausgerichtet werden, dass Industrie, Verbraucher und öffentliche Haushalte nicht überfordert werden.

Neue Wege - auch in Europa

In den vergangenen zwei Jahrzehnten stand der Klimawandel weit oben auf der globalen Agenda. Mit dem Amtsantritt der Trump-Regierung in den USA, hat allerdings ein starker Gegenwind begonnen, der nun auch in Europa spürbar wird. Das mag auf den ersten Blick aufgrund der wirtschaftlichen Flaute und der hohen Eneregiepreise verständlich wirken, ist aber dennoch kurzsichtig.

Deutschland, Europas größte Volkswirtschaft, befindet sich seit mehr als zwei Jahren in einer Rezession. Die Hauptverantwortung dafür wird vor allen Dingen den hohen Energiepreisen zugeschoben. Zwar ging der Ausbau klimafreundlicher Technologien der Energieerzeugung sehr stark voran. Um aber die Vorteile der niedrigeren Preise für Solar-, Wind- und (zunehmend) Batterietechnologie voll auszuschöpfen, müsste es eine politische Bereitschaft geben, die Strommärkte zu reformieren. Damit würde man die niedrigen Produktionskosten regenerativer Energie als Einsparungen an Haushalte und industrielle Verbraucher weitergeben.

Eine weitere Voraussetzung wären hohe öffentliche Vorabinvestitionen, vor allen Dingen in den Netzausbau.

Durch die veränderte Sicherheitslage im Rahmen des Ukraine-Krieges steht eine Veränderung des Energiemarktes in direkter Konkurrenz zu anderen Zielen aus dem Bereich Verteidigung beziehungsweise nationale Sicherheit.

China als Motor der Regenerativen

Die Kehrtwenden der USA und der EU, auch am Beispiel Deutschland, haben zunächst eine rhetorische Wirkung. Das wirklich Gefährliche an diesen politischen Veränderungen ist allerdings die Tatsache, dass sich damit die Bevölkerung von den Gefahren und Auswirkungen der Klimaveränderungen noch weiter abwendet, als das schon bisher der Fall ist.

Wenn ganze Staaten eine Kehrtwende bei den regenerativen Energien vollziehen, wird damit das Signal gesendet, dass die Klimakrise keine hohe politische Bedeutung hat.

Dabei setzen sich die grundlegenden wirtschaftlichen und technologischen Kräfte, die die Welt weg von Öl, Kohle und Gas in Richtung CO2 -armer, hocheffizienter Technologien bewegen sollen, durchaus fort.

Während sich Europa und die USA im Rückwärtsgang befinden, gilt für China das genaue Gegenteil. So entfielen im vergangenen Jahr 40 Prozent der weltweiten Rekordinvestitionen von 2,1 Billionen US-Dollar in die Energiewende allein auf China. Diese Zahl ist höher als die EU, das Vereinigte Königreich und die USA zusammengerechnet.

Technologieführerschaft Chinas

Betrachtet man bestimmte Technologiebereiche für regenerative Energien, so wird die Dominanz Chinas noch deutlicher. Das Land produziert rund 75 Prozent aller weltweit hergestellten Solarmodule und etwa 80 Prozent der Lithium-Ionen-Batterien.

Diese Zahlen basieren natürlich nicht auf Zufallserfolgen, sondern sind das Ergebnis einer klaren Industriepolitik, die sich sowohl mit dem Klimawandel und dessen Folgen auseinandersetzt, aber auch die Bedeutung und die Kosten regenerativer Energien in die Überlegungen mit einbezieht.

In der westlichen Welt wird weiter behauptet, dass China nur ein preisgünstiges Fertigung und Montagezentrum auf der Basis niedriger Löhne ist. Diese Behauptung ist längst überholt, wenn man die technologischen Erfolge des Landes in den letzten 5-10 Jahren betrachtet.

Rückkehr zu den Fossilen als Flucht vor Chinas Dominanz?


Die Motivation der Abkehr aus klimafreundlichen Energieträgern in den USA ist komplett unterschiedlich zu der nun versuchten Neuausrichtung Deutschlands. Das Land ist für alle fossilen Energieträger ein bedeutender Exporteur. Damit ist die Entscheidung zur Stärkung der US-amerikanischen fossilen Industrie eine Entscheidung gegen Importabhängigkeit von China.

Deutschland hat im Gegensatz dazu außer Kohle keine fossilen Energievorkommen. Eine Abkehr von den Regenerativen ist gleichbedeutend mit steigender Abhängigkeit von Gas- und Ölimporten. Damit unterliegen wir den schwankenden Preisen der fossilen Rohstoffe auf dem Weltmarkt.

Allerdings haben wir auch bei Anlagen aus dem regenerativen Bereich eine hohe Importabhängingkeit. Diese Tatsache ist allerdings bewusst Kauf genommen, denn schließlich sind sowohl Windenergieanlagen wie auch die Solarenergie von ihrer Entstehungsgeschichte her das Ergebnis deutscher Ingenieurskunst.

Europas Chance

Haben wir in Europa zusammen mit den USA den Wettlauf um die Zukunft bereits an China verloren? Die Ausgangslage ist unterschiedlich. Die USA kann sich - völlig unabhängig von der Klimafrage - zu einem reinen fossilgeprägten Staat zurückentwickeln. Allerdings werden die Folgen des Klimawandels mittel- und langfristig dazu führen, dass am Ausstieg aus den Fossilen auch in den USA keinen Weg vorbei führt.

In Europa haben wir immer noch die Chance, im Bereich der sauberen Energien eine bedeutende Rolle, ja sogar eine Vorreiterrolle zu spielen.

Allerdings ist der Weg dorthin nicht dadurch geprägt, dass man die Erzeugung regenerativer Energien zurückfährt - und zum Beispiel den Einstieg in große Batteriespeicher verpasst. Viel mehr wäre genau jetzt der Zeitpunkt, den Investitionen im Bereich der Regenerativen deutlich zu erhöhen, und zwar in erster Linie aus Gründen des Klimaschutzes, gleichzeitig aber auch zur Schaffung neuer Arbeitsplätze in ganz Europa.

Aus diesem Grund ist die Erklärung der deutschen Wirtschaftsministerin zur Ausrichtung der Energiepolitik sowohl klimapolitisch, als auch industriepolitisch für ganz Europa, das falsche Zeichen.

Ob es uns gefällt oder nicht: wir müssen sowohl im Bereich der regenerative Energieträger als auch im Bereich der bedeutenden Industriesektoren wie der Automobilindustrie unseren Blick nach China richten. Diese Erkenntnis scheint politisch weder in Deutschland noch in Europa angekommen zu sein.

Die dahinter liegende Realität einer zunehmenden Abhängigkeit von China mag zwar auf den ersten Blick von Bitterkeit geprägt sein. Auf den zweiten Blick nimmt sie allerdings die technologischen Gegebenheiten in den Fokus und schafft in ganz Europa neue Chancen, wenn man bereit ist, dafür zu investieren.