Klimakrise: Laut Nature-Studie verursachen die reichsten 10 % über 65 % der globalen CO₂-Emissionen

Eine neue Studie in Nature Climate Change zeigt: Die wohlhabendsten 10 % der Weltbevölkerung sind für rund 65 % der globalen Erwärmung verantwortlich – mit drastischen Folgen für ärmere Regionen weltweit.

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Die Klimakrise trifft die Schwächsten am härtesten – obwohl sie kaum Emissionen verursachen.

Die weltweit reichsten zehn Prozent der Bevölkerung haben zwischen 1990 und 2020 rund zwei Drittel der globalen Erwärmung verursacht – obwohl sie nur einen Bruchteil der Weltbevölkerung stellen.

Zu diesem Ergebnis kommt eine am 7. Mai 2025 veröffentlichte Studie im renommierten Fachjournal Nature Climate Change. n.

Die Untersuchung belegt nicht nur die massive Kluft zwischen Verursachern und Betroffenen der Klimakrise, sondern quantifiziert erstmals auch den direkten Einfluss wohlhabender Bevölkerungsgruppen auf extreme Klimaereignisse wie Hitzewellen und Dürre

Wohlstand als Klimarisiko

Die Studie nutzt ein neuartiges Modellierungsframework, das Emissionen aus Konsum und Investitionen nach Einkommensgruppen aufschlüsselt.

Diese werden dann mit Änderungen der globalen Durchschnittstemperatur (Global Mean Temperature, GMT) und der Häufigkeit regionaler Extremereignisse in Beziehung gesetzt.

Ergebnis:

Die globalen Emissionen des reichsten Zehntels der Bevölkerung waren für etwa 0,40 °C der insgesamt 0,61 °CTemperaturzunahme seit 1990 verantwortlich. Das reichste eine Prozent allein trug 0,12 °C zur Erwärmung bei, das oberste Promille 0,05 °C.

Zum Vergleich:

Hätte jeder Mensch so wenig emittiert wie die ärmsten 50 % der Weltbevölkerung, hätte es seit 1990 kaum eine messbare zusätzliche Erwärmung gegeben. n 1,5-Grad-Grenze des Pariser Abkommens.

Hätte dagegen jeder so gelebt wie das reichste Prozent, wäre die globale Temperatur um 6,7 °C gestiegen – ein katastrophaler Wert weit jenseits der kritischen Schwelle, ab der unumkehrbare Kipppunkte im Klimasystem drohen.

Hitzewellen mit sozialem Fingerabdruck

Die Forscher:innen untersuchten nicht nur den Temperaturanstieg, sondern auch die Zunahme extremer Wetterereignisse.

Der Fokus lag auf sogenannten „1-in-100-year“-Ereignissen – also Monaten, deren Hitze oder Trockenheit unter vorindustriellen Bedingungen nur alle hundert Jahre aufgetreten wäre.

  • Durch die Emissionen des reichsten Zehntels ist die Wahrscheinlichkeit solcher extremen Hitzemonate in der globalen Landfläche um das 12,3-Fache gestiegen.
  • Ihr Beitrag dazu liegt 7,3-mal über dem globalen Durchschnitt – beim obersten Prozent sogar bei dem 25,7-Fachen.
  • Besonders betroffen sind Regionen wie der Amazonas, Südostasien oder Zentralafrika. In diesen Gebieten wurde die Wahrscheinlichkeit extremer Hitzeereignisse um das bis zu 30-Fache erhöht.
  • Auch Dürren haben zugenommen, etwa im Amazonasgebiet, wo die Häufigkeit extremer Trockenperioden im Oktober um das Dreifache angestiegen ist – der größte Teil dieser Entwicklung lässt sich auf Emissionen aus der obersten Einkommensschicht zurückführen.

Globale Verantwortung, ungleiche Folgen

Ein zentrales Ergebnis der Studie ist die Feststellung, dass diejenigen, die am meisten zur Klimakrise beitragen, nicht die Hauptleidtragenden sind.

Die Vereinigten Staaten und die EU27 zählen zu den Regionen mit den höchsten Pro-Kopf-Emissionen, aber sie erfahren – zumindest bisher – vergleichsweise geringe klimatische Veränderungen.

Die Folgen treffen dagegen überproportional Regionen, deren historische Emissionen minimal waren.

Beispiel:

Die Emissionen des reichsten 10 % in den USA sind für etwa 1,3 zusätzliche extreme Hitzemonate in den heißesten Monaten weltweit verantwortlich – 23-mal mehr als der globale Durchschnitt, und etwa drei Mal so viel wie der Durchschnitt der globalen Top 10 %.

Auch das oberste Prozent der chinesischen Bevölkerung trägt signifikant zur Verschärfung von Extremereignissen bei, unter anderem im Amazonas und im südlichen Afrika.

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Nur die reichsten 10 % sind für zwei Drittel der globalen Erwärmung verantwortlich.

Methan als unterschätzter Faktor

Die Studie hebt zudem die Bedeutung nicht-CO₂-Treibhausgase wie Methan (CH₄) hervor. Dessen Beitrag zur kurzfristigen Erwärmung ist erheblich, wird aber in vielen Emissionsbilanzen unterschätzt.

Eine konsequente Reduktion von Methanemissionen – insbesondere aus Landwirtschaft und fossilen Energien – könnte laut den Autor:innen kurzfristig deutliche Entlastung für das Klimasystem bringen.

Politische Relevanz: Wer zahlt für die Schäden?

Die Ungleichheit, die die Studie aufzeigt, hat direkte politische Implikationen. Während die Schäden durch Klimawandel – derzeit jährlich im dreistelligen Milliardenbereich – vor allem in ärmeren Ländern auftreten, stammen die Hauptverursacher der Erwärmung aus den reichsten Schichten der Industriestaaten.

Die Autor:innen sehen darin eine klare Handlungsaufforderung für die Klimapolitik: Es sei an der Zeit, über gezielte Maßnahmen wie eine globale Vermögens- oder Reichensteuer zur Finanzierung von Klimaanpassung und Schadensbewältigung nachzudenken.

Der Finanzbedarf für sogenannte „Loss and Damage“-Mechanismen liegt derzeit weit über dem, was tatsächlich bereitgestellt wird.

Kein einfacher Schuldnachweis, aber klare Verantwortung

Die Studie weist darauf hin, dass sie keine individuelle Schuld zuweist und keine normative Aussage darüber trifft, welche Emissionsmengen gerecht wären.

Aber sie macht deutlich: Emissionen sind ungleich verteilt – und ihre Folgen ebenso.

Das betrifft nicht nur Länder, sondern auch Einzelpersonen. Besonders Investitionen des reichsten Promille tragen massiv zur globalen Erwärmung bei – oft durch Finanzströme in emissionsintensive Sektoren.

Die Studie plädiert deshalb für ein Umdenken in der Klimapolitik: Der Fokus sollte nicht nur auf nationalen Durchschnittswerten liegen, sondern auf der Verantwortung einzelner Einkommensgruppen.

Quelle

Schöngart, S., Nicholls, Z., Hoffmann, R. et al. High-income groups disproportionately contribute to climate extremes worldwide. Nat. Clim. Chang. (2025).