Adieu, Paris: Dieses malerische Dorf lockt seit fast 200 Jahren Künstler und Kunst-Fans

50 Kilometer südlich der Hauptstadt wurde der Impressionismus geboren. Einige der berühmtesten Landschaftsmaler ließen sich am Rand des Waldes von Fontainebleau von dörflichem Leben und unberührter Natur inspirieren.

Barbizon
Ein Dorf wie gemalt: Barbizon hat sich in 200 Jahren nur wenig verändert. Foto: Adobe Stock

Madame Ganne hatte sich alles genau überlegt. Mit den komischen Typen aus Paris, die seit neuestem regelmäßig in ihren Kolonialwarenladen im Dörfchen Barbizon ein­fielen, sich mit Brot und Rotwein eindeck­ten und dann mit ihren Staffeleien in Rich­tung des Waldes von Fontainebleau ver­schwanden, müsste doch mehr Geld zu machen sein.

Wenn sie ihr Häuschen aus­bauen, ein größeres Esszimmer einrichten würden - sie besprach sich mit Monsieur, und bald darauf eröffnete die Auberge Ganne.

Brot, Wein und ein Hotel für Künstler

Gemütlich war's dort, Madame verstand zu kochen, und günstiger als die Gasthäuser an der Postkutschenstrecke war es auch. Zwischen 1830 und 1860 trugen sich zahlreiche Maler, darunter die später als „Landschaftsschule von Barbizon“ be­rühmt gewordene Gruppe um Jean-Francois Millet, Théodore Rousseau, Narcisse Diaz de la Pena, Jean-Baptiste Corot und Charles-Francois Daubi­gny, ins Gästebuch von Edmée und Franҫois Ganne ein.

Ölfarben aus der Tube machten das Malen im Freien möglich

Zu verdanken war alles der Erfindung der Fer­tigfarben in Tuben, die ab 1830 vermarktet wurden. Mussten Maler zuvor ihre Farben selbst im Atelier zusammenrühren und einzelne Farbschichten auf der Leinwand oft tagelang trocknen lassen, konnten sie mit der neuen Erfindung die Natur zu Hause besuchen.

Jetzt war die Landschaft nicht mehr Hintergrund, son­dern Motiv. Fernab der Stadt suchte man in der Ur­sprünglichkeit des Landlebens die Natur in allen Jahreszeiten einzufangen.

Seit diesem ersten Tourismus-Boom im 19. Jahrhundert hat sich nicht viel verändert im Lieblingsdorf der Land­schaftsmaler, das bald auch Theaterleute und Schriftsteller lockte. Statt 140 Einwohnern hat Barbizon nun knapp 1300. Die Grande Rue, früher die einzige Verkehrsader des Orts, kreuzen nun auch ein paar Querstraßen.

Barbizon von oben
Noch immer liegt das Dorf zwischen Wald und Feldern. Foto: Adobe Stock

Die Häuser der wohlhabenderen Kunstschaf­fenden von einst sind erhalten: Das von Théodore Rousseau, der hier die letzten zwanzig Jahre seines Lebens verbrachte, ist heute neben der Auberge Ganne Teil des Museums der Maler von Barbizon.

Noch immer lieben Künstler dieses Dorf

Barbizon ist neben Giverny in der Normandie eines der berühmtesten Künstlerdörfer Frankreichs. Alles ist so liebe­voll erhal­ten, dass nur die geparkten Au­tos daran erinnern, dass im nahen Wald von Fontainebleau - der als einer der ersten in Frankreich unter Naturschutz gestellt wurde - keine Wölfe mehr heulen.

Ein Gebäude aus grauen Feldstei­nen mit blauen Fensterläden gehörte dem Maler Jean-Franҫois Mil­let und ist heute Standort eines ihm gewidmeten Museums.

Das rustikale Gemäuer ein paar Schritte weiter gehörte dem Schriftsteller Ro­bert Louis Stevenson. Mosaike an Hauswänden zeigen die berühmten Gemälde, die hier entstanden. Und noch immer lieben Künstler das Dorf: In neuen Galerien zeigen zeitgenössische Künst­ler ihre Impres­sionen des Dorfs und des Waldes.